Landwirtschaft, Handel und Gewerbe im Dorf
1. Landwirtschaft
Über 1000 Jahre lebte man in Herlinghausen hauptsächlich von der Landwirtschaft.
1818 schreibt der Chronist: „Der hauptsächliche Nahrungszweig in der Gemeinde ist der Ackerbau.“
Da in Herlinghausen Realerbteilung herrschte, gab es viele Klein- und Kleinstbetriebe. Auch zwei größere Höfe von 40 – 50 ha wurden zu Beginn des 20. Jahrhundert aufgeteilt und verkleinert.
Die Dreschgenossenschaft existierte bis zum Jahr 1967.
Wegen der Einberufung zum Wehrdienst im I. Weltkrieg von 61 Herlinghäusern (1915 folgen weitere 12, 1916 fünf, 1917 vier und 1918 drei) fehlten sie bei Arbeit in der Landwirtschaft. Frauen und Kinder übernahmen die Arbeiten auf den Höfen.
1916 wurden zunächst englische Kriegsgefangene später russische Gefangene im Ort zur Hilfe in der Landwirtschaft eingesetzt.
Am 10.02.1919 erfolgte die Bildung eines Kreisbauern- und Soldatenrates. Vorsitzender wird Landwirt Bernhard Louis aus Scherfede und sein Stellvertreter der Tischler Heinrich Erdmann aus Herlinghausen.
Der ehemalige Gemeindewald gehört heute zum Stadtwaldgebiet der Stadt Warburg und wird auch von dieser bewirtschaftet.
Der Bezug von Düngemitteln, Saatgut und Futtermitteln erfolgte über die im Jahr 1927 gegründete Spar- und Darlehnskasse. Sie hatte ihre Räume im jetzigen Feuerwehr- gerätehaus, das damals der Dreschschuppen war, in dem auch die Dreschgenossenschaft ihr Büro betrieb.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein versuchte jeder Haushalt, seinen Eigenbedarf selbst zu produzieren. Viele Arbeiter, die in der Kuhlemühle arbeiteten, hatten 1 – 2 Morgen Land (Eigentum oder Pacht) zur Absicherung der Selbstversorgung unter.
Das Korn wurde damals, teils von Hand oder mit Mähbalken gemäht, gesammelt, gebunden und zu Ähren gestellt, getrocknet, eingefahren und danach auf dem Dreschplatz gedroschen.
Eine mühevolle und schwere Arbeit. Auch die Kinder mußten mit anpacken.
Zu Beginn des 20. Jhdrt. erlaubte die Bildung von landwirtschaftlichen Genossenschaften die Anschaffung von Maschinen und Arbeitsgeräten, die von allen Mitgliedern gemeinsam genutzt wurden.
Eine sichere Versorgung mit Wasser und Elektrizität, die in dieser Zeit angelegt wurde, nutzte auch der Landwirtschaft.
Die Chronik nennt hier einige Beispiele für die zunehmende Motorisierung:
„Bauer Hold, Besitzer des größten Hofes hiesiger Gemeinde u. Ortsbauernführer, schaffte sich als erster einen Motor = Trecker- System Lanz = Bulldog – an.
Im Vorjahr hatte er bereits eine Elegator-Förderungsanlage zum Abladen von Getreide, Heu, Klee und dergleichen mit elektrischem Antrieb in Betrieb genommen. Bauer Luis Lindemann eine elektrische Aufzugsanlage für Heu in diesem Jahre.“
Später, mit weiterentwickelter Maschinentechnik, war die landwirtschaftliche Arbeit leichter und schneller geworden.
Viele Bauern konnten sich die teuren Maschinen und Schlepper allerdings nicht leisten.
Arbeitstiere waren daher in damals noch immer unentbehrlich und besaßen auch einen dementsprechenden Wert.
Bis zu Beginn der 1960er Jahre spannte man noch vor die Pflüge, Eggen und Saatmaschinen.
Um 1960 hatte die Rindviehhaltung mit ca. 150 Milchkühen einschließlich Nachzucht in rund 25 Betrieben ihren Höhepunkt erreicht.
Seit 1997 gibt es in Herlinghausen keine Milchkühe mehr. Die größeren landwirtschaftlichen Betriebe lebten zeitweise von der Mastschweine- und Sauenhaltung.
Heute gibt es noch drei Höfe im Ort, die Landwirtschaft betreiben, davon einer hauptberuflich. Einen weiteren Hof hat eine Tierärztin zu einem Pferdehof umgewidmet. Alle anderen wurden im Laufe der Zeit aufgegeben.
Ein Großteil vorhandener landwirtschaftlicher Flächen ist verpachtet oder wird zum Teil noch im Nebenerwerb genutzt.
Wie sich die moderne Landwirtschaft bis heute entwickelt hat, erleben wir alle täglich. Kleine unrentable Höfe wurden mit der Zeit aufgegeben oder zusammengelegt. Verblieben sind einige wenige, die sich wirtschaftlich rentieren.
Vor- und Nachteile, welche die moderne Landwirtschaft mit sich bringt spüren wir nahezu täglich. Über das Für und Wider von Überdüngung, Großmastanlagen und GenGetreide kann man im Zeitalter der Europäisierung trefflich diskutieren.
2. Handel, Handwerk, Gastronomie
Der Rückgang bzw. die Veränderung der Gewerbeausübung im Dorf besorgte auch den Ortsvorsteher der vor dem Krieg 1938 in die Chronik schrieb:
„Es sei darum einmal aufgezählt, was im vorigen Jahrhundert im Dorfe noch betrieben wurde:
Leinenweberei, Färberei, Branntweinbrennerei, Bäckerei, Schäferei, Schneider- und Maurerhandwerk.
Heute sind noch vorhanden: Schuster, Schreiner, Schmiede, Wirte, Kleinkaufmann.“
1958 werden noch folgende Herlinghäuser Handwerker und Kleinbetriebe im Branchenverzeichnis aufgeführt:
unter Gaststätten:
– Plücker, Hermine, Nr. 63
– Thiele, Heinrich, Nr. 37
Unter Hausschlachter:
– Köther, Martin, Nr. 30
Unter Lebensmittel:
– Plücker, Hermine, Nr. 63
Unter Milch- Fuhrunternehmen:
– Käckel, Johannes, Nr. 61
Unter Schmiede:
– Koch, Heinrich, Nr. 10
Unter Schuhmacher:
– Nolte, Heinrich, Nr. 81
Unter Tischlereien:
-Wilhelm, Gottlieb, Nr. 3
Darüber hinaus arbeitete ein erheblich großer Anteil der Bevölkerung selbstverständlich haupt- oder nebenberuflich in der Landwirtschaft, sowie im nahen Warburg.
Auf Aufnahmen aus dieser Zeit zeigen noch die beiden Gasthäuser, die Herlinghausen damals besaß. Im Hause Plücker befand sich zudem noch der Lebensmittelladen des Ortes.
Aber viele gingen damals auch nach Kassel zur Arbeit. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Und wie sieht es heute im Jahr 2014 aus?
• 1 teilzeitbetriebene Gaststätte,
• 1 landwirtschaftlichen Hauptbetrieb und drei Nebenerwerbsbetriebe,
• 1 Schreinerei mit Bestattungsunternehmen
• 1 kleinen KfzTuning Punkt
• und das evangelische Jugend- und Freizeitzentrum „Kirchberghof“
Und wo arbeiten die Herlinghäuser im Wesentlichen?
* In Warburger Großbetrieben z.B. Benteler und Kobusch
* bei Firmen, Dienstleistungsbetrieben oder im öffentlichen Dienst der Stadt Warburg und ihrem Umland
* nach wie vor bei bekannten Großbetrieben in Kassel
* oder auch als Selbstständige
*Alle Informationen entstammen dem Beitrag zur Ausstellung im Museum im „Stern“ vom Jahr 2006 und wurden von Rainer Herwig zur Verfügung gestellt*