Kirchberghof sucht neue Hofleitung

Über Jahrzehnte gehörte Gaby Jansen zu den Gesichtern des Kirchberghofes. Jetzt zieht sich die 56-Jährige aus der Geschäftsführung, die sie fast zehn Jahre lang innehatte, zurück.

„Von diesem Ort geht ein Segen aus“ – der Dank einer Gästegruppe, die in diesem Jahr erstmals den Kirchberghof besuchte, hat Gaby Jansen noch im Ohr. Weil sie dies ebenso empfinde und es auch eine Anerkennung der Arbeit, die auf dem Hof geleistet werde, bedeute. Zum Jahresende wird die 56-Jährige ihren Job als Geschäftsführerin des Christlichen Freizeiteinrichtung in Herlinghausen beenden. Es sind die kleinen, leiseren Momente, an die sich die gelernte Buchhändlerin („Lesen eröffnet neue Welten“) gern erinnert und die für sie zählen.

Wie vor wenigen Wochen der mit bunter Kreide aufs graue Pflaster geschriebene Dank „für die gute Zeit“ eines jungen Gastes. Die Auszeit auf dem Hof werde in der Corona-Zeit von den anreisenden Gruppen „quasi aufgesogen“, sagt Jansen. Rückmeldung besonders der Kinder und Jugendlichen zeigten einen enormen Bedarf an Nähe und Gemeinschaft. „Als Einrichtung sind wir gut behütet durch die Zeit gekommen“, bemerkt Jansen dann. Dank staatlicher Überbrückungshilfen und der zahlreichen Spenden.

1984 war der Kirchberghof-Verein gegründet, der alte Bauernhof im Dorf erworben worden. Anfangs acht Personen, zählt heute der eingetragene Trägerverein 41 Mitglieder, verteilt über die gesamte Republik. Die gebürtige Bünderin engagiert sich zunächst ehrenamtlich. Zieht mit ihrem Mann Karl-Gerhard drei Jahre später vom Wohnort in Germete auf das Gelände.

„Der Hof war von Beginn an eine Dauerbaustelle“, macht Jansen auf den stetigen Ausbau des Areals aufmerksam. Sie selbst leistet auch handwerklich Aufbauarbeit. Mit dem Akkuschrauber in der Hand befestigt sie beispielsweise die Schläuche der Fußbodenheizung in der neu ausgebauten Sportscheune. Auch als Dachdeckerin habe sie sich ausprobiert, erinnert sie sich mit einem Lächeln.

Auch jetzt ist das elfköpfige Team aus Festangestellten und Mini-Jobbern wieder im Renovierungsmodus. Über die Wintermonate bleibt Zeit, an der Ausstattung des Kirchberghofes zu werkeln. „Der Januar war immer schon sehr ruhig“, merkt Noch-Geschäftsführerin Jansen an. Dass wieder der Neujahrsempfang ausfalle, bedauert sie. Die persönliche Begegnung mit Freunden und Förderern. Doch bleibe man gut vernetzt. „Sechs Wochen vor dem ersten Lockdown stand unsere Gasfaser-Leitung.“ Darum hat sie sich gekümmert, froh, jetzt über die Datenleitung in Videokonferenzen die zahlreichen Kontakte halten zu können.

Weniger glücklich vermerkt sie dagegen das Ausbleiben der Jugendlichen, die auf dem Hof ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvieren. „Fünf brauchen wir eigentlich“, sagt Jansen. Doch das Interesse an der Bewerbung sei allgemein gesunken. Alle Stellen könnten bei Weitem nicht mehr besetzt werden. Es mangele an der Anerkennung des freiwillig geleisteten Dienstes. Auch äußerten viele Eltern gegenüber ihren heranwachsenden Nachwuchs Vorbehalte, „sehen das Jahr als verlorene Zeit“, gibt sie Veränderungen in der Gesellschaft als Erfahrung wider. Dabei sei etwas für andere zu leisten, doch in der Entwicklung der noch jungen Persönlichkeit eine Chance. „Eine Bank für die eigene Zukunft“, fasst Jansen zusammen.

Zu erleben, wie das Team zusammenwachse, wie sich die Besucher wohlfühlten, dafür hat Jansen ein Gespür. Entweder gebe es in vergleichbaren Häusern ein liebevolles Angebot, dann aber meist chaotisch oder ein durchgestylt-professionelles, das aber eher kalt wirke, zitiert sie die Bemerkung eines Gastes. „Bei euch ist es der geniale Mix aus Professionalität und Herzlichkeit, die sich auf dem Kirchberghof widergespiegelt.“ Solche Eindrücke sind Jansen wichtig. Weil sie ihr bestätigen, „vieles richtig“ gemacht zu haben. Überhaupt die Besucher: „Vielfältig“, hält Jansen fest. In der Mischung liege der Reiz. Schulklassen, jugendliche Konfirmanden-Gruppen, erwachsene Gemeinderunden, Familien-Auszeiten: Nach der kompletten Schließung der Freizeit- und Bildungshäuser durften in diesem Sommer aufgrund aufgelockerter Corona-Vorgaben die 21 Zimmer, die bis zu 75 Gäste aufnehmen können, nicht komplett belegt werden. Statt der 60 Personen im Speisesaal nur wenige an sechs Tischen. „Schon gespenstisch“, empfindet Jansen. „Dabei sind wir doch hier, um Gastfreundschaft zu leben“, nennt sie den Auftrag, den der Verein aus dem christlichen Glauben ableitet.

Eine weitere Erfahrung: Kamen früher 40 Menschen aus den Gemeinden, „sind es heute nur noch die Hälfte“. Weit entfernt vom vormaligen Charakter einer lebendigen Volkskirche: „Die schrumpft nach unten weg“, sagt die Mutter zweier erwachsener Söhne. Eine Tatsache, die sie sieht, aber nicht tatenlos bedauern möchte. „Unsere Gäste kehren mit anderen Augen nach Hause zurück, als sie gekommen sind.“ Da ist sich die Kirchberghof-Leiterin sicher. Sicherlich hat sie, die immer den Teamgedanken betont, selbst großen Anteil daran. Jansen Kalender war stets bunt ausgefüllt. „Sechs Tage die Woche.“

Aus gesundheitlichen Gründen möchte sie nun kürzertreten, hatte dies dem Vorstand bereits zu Beginn des Jahres frühzeitig angekündigt. Im Sommer wurde die bisherige Halbtagsstelle im Büro auf eine volle ausgeweitet und zugleich Jansens Stelle in der Geschäftsführung inklusive einer Dienstwohnung auf dem Gelände ausgeschrieben. Vor Corona verzeichneten die Verantwortlichen bis zu 10.000 Übernachtungen im Jahr.

Die Hofleitung sei schon eine Lebensaufgabe, sagt Helmut Köther vom Vereinsvorstand. Ein Gäste-Programmangebot mit Holzwerkstatt, Kletterhalle und erlebnispädagogischen Elementen sowie Camp-Angeboten in den Ferien: Jansen habe sehr gut auf Menschen zugehen können und in ihrer Zeit als Leiterin in vielen Bereichen eine gute Basis geschaffen.

Bericht: Neue Westfälische (Dieter Scholz) vom 14.12.2021