Junge Mathe Genies auf dem Kirchberghof

Der Mathematiker-Nachwuchs aus ganz OWL trifft sich einmal im Jahr auf dem Kirchberghof. 53 Sechstklässler waren jetzt wieder dort – und haben die Lehrer und Referendare als Betreuer vor lauter Ehrgeiz manchmal selbst zum Grübeln gebracht.

»Die Schüler, die hier hinkommen, haben alle ganz besonderes Talent«, erklärt Michael Venz, Gymnasiallehrer aus Gütersloh und Teil des Organisationsteams der Schülerakademie. Ausgewählt und für die Akademie vorgeschlagen werden die Schüler von ihrer Schule. »Wir hatten in diesem Jahr über 70 Bewerbungen auf knapp über 50 Plätze. Das zeigt uns, wie beliebt das Angebot ist.« Beliebt ist die Akademie nicht nur bei Schulen – auch die Schüler selbst nutzen die drei Tage mit vollem Eifer. Verschiedene Schwerpunkte

Die Schülerakademie beginnt am ersten Tag, dem Montag, mit einer Präsentationsrunde, nach der sich die Schüler für eines von neun Projekten entscheiden können. Daran arbeiten sie dann in den folgenden zwei Tagen, aufgeteilt in Kleingruppen. Neben der Wahrscheinlichkeitsrechnung stehen dabei Projekte aus der Zahlentheorie mit spielerischen Anwendungen spezieller Eigenschaften von Prim- und Quadratzahlen oder die so genannten Fibonacci-Zahlen auf dem Programm.

Durch die Vielfalt der Projekte ist mittlerweile auch eine Kooperation mit Lehramtsanwärtern aus dem Studienseminar Paderborn zustande gekommen. Acht Referendare, die an Schulen in Gütersloh, Paderborn, Bad Driburg und Warburg ausgebildet werden, übernehmen zusammen mit sechs Lehrern aus Rheda und Gütersloh die Betreuung der Schüler. Diemel per Dreieck vermessen

Zwei Projekte werden nur in Warburg angeboten: In der Holzwerkstatt des Kirchberghofs untersuchen die Schüler nicht nur archimedische Körper, sie bauen sie ganz praktisch nachgebaut. Tradition hat auch die Vermessung der Diemel mithilfe von Winkelbeziehungen in Dreiecken. »Hier können die Schüler ihr Wissen vertiefen und praktisch anwenden«, erklärt Michael Venz. Vermessen werden Referenzstrecken und Sichtwinkel zu angepeilten Punkten am Ufer.

Mit deren Auswertung lässt sich der Verlauf der Diemel rekonstruieren, ohne den Fluss queren zu müssen. Venz »Das Projekt bringt den Schülern nicht nur die theoretischen Grundlagen näher, sondern zeigt auch, wie man das Problem praktisch löst«. Unterstützung bekam der Mathematiker-Nachwuchs anschließend vom Warburger Vermessungsbüro Brenke, das alle Daten und Rechnungen einmal mit moderner Technik vornahm. Auch wenn das Ergebnis der Profis etwas abwich – gelernt haben die Schüler trotzdem einiges. Schüler sind motiviert

»Jeder hier arbeitet besonders motiviert mit«, berichtet Hanna Klitze (27), Referendarin für Mathe und Chemie aus Gütersloh. »Außerdem können sich alle extrem gut und lange konzentrieren und haben nebenbei auch Spaß an ihren Aufgaben.« Manchmal würde der Eifer der Schüler auch die Betreuer überrumpeln, sagt Klitze. »Bei manchen Fragen muss man selbst erst mal nachdenken – das zeigt, auf was für einem Niveau die Schüler hier an die Sache herangehen.«

Seit 2005 unterstützt die Schülerakademie Mathematik OWL Kinder und Jugendliche mit besonderem Talent. Für die sechsten Klassen findet die Akademie seit 2011 auf dem Kirchberghof in Herlinghausen statt. Mittlerweile gibt es in OWL auch mehrtägige Mathe-Schülerakademien für die Klassen 8 und 10 sowie insgesamt fünf weitere Akademien für Klasse 5 und 6.

Ermöglicht wird die Akademie von der Osthushenrich-Stiftung, die das Projekt finanziell unterstützt. Weiteres Geld kommt vom Land NRW.

Bericht: Westfalenblatt, Ausgabe vom 22.06.2019 (Timo Gemmeke)